Sébastien – die etwas andere Coronageschichte

In der Mathematik ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten A und B immer eine Gerade. Im Leben aber kann diese Verbindung manchmal ein ziemlicher Zickzack sein. Das musste auch Sébastien erfahren. Punkt A: Vor vier Jahren erhielt Sébastien die Diagnose Kardiomyopathie, eine unheilbare Herzkrankheit. Punkt B: Sébastien, wie er heute vor uns steht – mit einem Spenderherz, gesund und lebensfroh. Dazwischen liegt eine schwierige Zeit, ein stetes Auf und Ab. Man merkt im Gespräch mit Sébastien aber schnell, dass er ein Macher ist, jemand, der Herausforderungen beim Schopf packt.

Die erste Hürde: Der zweifache Vater musste die Hiobsbotschaft seiner Familie überbringen. «Es war für alle sehr schwer», sagt er rückblickend. Der Schock sei aber schnell der Unterstützung gewichen. Seine Frau, seine Tochter, sein Sohn und seine Eltern, sie alle hätten ihm den Rücken gestärkt. Dafür ist Sébastien ihnen dankbar. Dieses Gefühl hat er auch gegenüber seinem Spender: «Ich bin sehr dankbar für mein neues Leben.»

Hört man diese Worte, so kommt man nicht umhin, auf die Wochen des Lockdowns zurückzublicken. Wie haben wir uns aufgeregt. Weil wir uns nicht mehr so bewegen konnten wie bisher. Weil es eine lange Kolonne gab beim Einkaufen. Weil man nicht mehr auswärts essen konnte, sondern zu Hause bleiben musste. Und wie lächerlich erscheint all das, verglichen mit Sébastiens Geschichte. Mitten in der Coronapandemie, während wir zu Hause sassen und uns über eingeschränkte Freiheiten ärgerten, bekam Sébastien den Anruf: Ein Spenderherz ist für ihn bereit.

Sébastien hat sich vier Jahre durchgebissen und damit eine Entscheidung für das Leben getroffen. Das hat auch sein Spender, indem er sich für eine Organspende entschieden hat. Auch Sébastien würde seine Organe spenden. Das entspricht seiner positiven und demütigen Lebenseinstellung. Und damit möchte er auch seine Dankbarkeit gegenüber dem Spender ausdrücken.