Stephanie – wenn plötzlich die Welt stillsteht

Was geht in einer Mutter vor, wenn sie zuschauen muss, wie das Leben des eigenen Kindes plötzlich an einem seidenen Faden hängt? «Im Juni feierten wir noch die Heilung vom Krebs, und ein Jahr später kam plötzlich nach erfolgreicher Chemotherapie die Nachricht, dass es ohne ein Spenderherz sehr schlecht aussehe. Das war sehr hart», erzählt Stephanie. Das Warten begann. Das Bangen, ob noch rechtzeitig ein passendes Organ gefunden würde, damit ihr Kind weiterleben kann.

Wenn sie an den erlösenden Anruf des Spitals denkt, läuft es ihr noch immer kalt den Rücken herunter. «Die Welt stand für einen Moment still, man weiss nicht, ob man lachen oder weinen soll vor lauter Emotionen. Danach empfand ich plötzlich eine innere Ruhe und Gewissheit, dass jetzt endlich alles gut wird.» Schwierig sei gewesen, dass sie als Eltern Lorena nicht darauf vorbereiten konnten, was mit der Transplantation alles auf sie zukommen würde. Als Lorena nach der Transplantation erwachte, hatte sie zuerst nach der Herzpumpe gefragt, die sie nicht mehr hörte. «Da haben wir ihr dann zusammen mit den Ärzten erklärt, dass sie transplantiert wurde und nun ein neues Herz in sich trägt».

Stephanie empfindet gegenüber der Spenderfamilie eine unendliche Dankbarkeit – dass diese einen Entscheid zugunsten einer Organentnahme getroffen und ihrer Tochter damit eine Chance auf ein neues Leben geschenkt hat. Sie kann gut nachempfinden, dass man sich als Angehörige überfordert fühlt, wenn man in einer ohnehin schon emotionalen Situation eine solch schwierige Entscheidung treffen muss. «Ich habe selbst erlebt, wie schnell eine Situation kippen kann – von kerngesund zu dem Tod nahe. Das überwältigt einen.» Man könne dann vermutlich nicht mehr rational entscheiden. «Ich verstehe gut, dass man sich als gesunde Person mitten im Leben nicht mit dem Tod beschäftigen möchte und diese Gedanken lieber auf später verschiebt.» Stephanie hat sich jedenfalls dafür entschieden, dass sie ihre Organe spenden würde: «Sie nützen mir ja in diesem Moment sowieso nichts mehr, und ich finde, es ist ein schöner Gedanke, dass ich mit meinen Organen jemandem helfen kann.» Sie respektiert aber auch, wenn sich jemand gegen eine Spende entscheidet, sei es doch ein sehr persönlicher Entscheid. Das wichtigste bleibt, dass man sich entscheidet. Denn ein Entscheid – für oder gegen eine Organ- und Gewebespende – sorgt für Sicherheit und Klarheit.